Gastbeitrag
TMV/Gaensicke

Wasser im Land der 1000 Seen

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Gastbeitrag von Dr. Mathias Küster, Naturforscher und Geschäftsführer des Müritzeums in Waren (Müritz)

Als gebürtiger Berliner habe ich in meiner Kindheit die großen Sommerferien oft in Waren (Müritz) verbracht. Bereits früh verlor ich dabei mein Herz an diese schöne Landschaft – durch unzählige Streifzüge durch Wald und Flur in die nähere Umgebung mit Gummistiefeln, Cordhose und Hut oder beim ausgelassenen Baden im glasklaren Wasser der Müritz. Dass ich nach Abitur, Grundwehrdienst, Ausbildung, Studium und anschließenden Jahren in Forschung und Lehre an der Universität Greifswald mit dem Wechsel zum Müritzeum im Jahre 2016 meinen Lebensmittelpunkt inmitten der Mecklenburgischen Seenplatte fand, empfinde ich als großes Glück – aus privater und beruflicher Sicht.

Rückblick

Das „Land der 1000 Seen“ fasziniert mich seit jeher auf mannigfaltige Weise. In den vergangenen Jahren beschäftigte ich mich in meinen Forschungen eingehend mit der Landschafts- und Gewässergeschichte der Mecklenburgischen Seenplatte. Dabei spielte die Rekonstruktion von Paläo- bzw. historischen Wasserständen von mecklenburgischen Seen, vor allem der Müritz, eine besondere Rolle. Langfristige Trends von Seespiegelschwankungen sagen uns viel über Umweltveränderungen im Lauf der Zeit. 

Dr. Mathias Küster

Dr. Mathias Küster präsentiert ein Stück aus den Naturhistorischen Landessammlungen für MV. Das Müritzeum ist auch das älteste Naturkundemuseum in der Region. (Bild: K. Franz/Müritzeum)

Das Binnenland Mecklenburg-Vorpommerns zeichnet sich vor allem durch seinen Gewässerreichtum aus und ist somit eine ideale „Spielwiese“ der paläohydrologischen Forschung. Die Region ist, im Gegensatz zu anderen Gebieten Europas, geologisch gesehen relativ jung. Die Wirkung des Eises und der Schmelzwässer schufen während der großen quartären Inlandvereisungen, zuletzt vor über 15.000 Jahren, das Grundgerüst der Landschaft mit größeren Becken und kleinen Hohlformen, welche sich nach Eisrückzug und Erwärmung sukzessive mit Wasser füllten und Seen bildeten.

Müritzeum

Zwischen Herrensee und Müritz liegend, zeigt das Müritzeum in seiner Aquarienlandschaft über 50 heimische Süßwasserfischarten. (Bild: André Klevenow/Müritzeum)

Die hydrologische Entwicklung der Seen spiegelt von der ausgehenden Eiszeit bis in das frühe Mittelalter allein die jeweils herrschenden klimatischen Verhältnisse wider, während sich in den letzten 800 Jahren das Klimasignal und der menschliche Einfluss im Wasserhaushalt überlagern. Während kühl-feuchter Perioden, wie beispielsweise während der kleinen Eiszeit im 17. und 18. Jahrhundert, gab es im Gebiet der Müritz über 2 m höhere Wasserstände als heute.

Dagegen zeigen uns aktuell die vergangenen Jahre deutlich, wie schnell die Gewässer auf warm-trockene Phasen mit sinkenden Seespiegeln reagieren. Als bedeutende direkte menschliche Eingriffe in den Wasserhaushalt gelten unter anderem der Stau von Gewässern zum Betreiben von Wassermühlen und sogenannte Aalwehre zum Fischfang bzw. Kanalisierungen von Flüssen in historischer Zeit sowie künstliche Absenkungen von Seespiegeln bzw. Komplex-Meliorationen zur landwirtschaftlichen Nutzung der Böden. Als indirekte Eingriffe können unter anderem der Anbau von flächendeckenden transpirationsstarken Kiefernwald-Monokulturen und der steigende Wasserbedarf in den letzten 100 Jahren aufgeführt werden.

Kurzbiografie

Nach seiner mit Auszeichnung abgeschlossenen Ausbildung zum Industriekaufmann bei Daimler Chrysler studierte Mathias Küster von 2003 bis 2009 Geografie mit den Nebenfächern Geologie und Botanik an den Universitäten Greifswald und Utrecht (Niederlande). Nach seinem Diplom und als Träger des Landesgraduiertenstipendiums Mecklenburg-Vorpommern bzw. als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitete er bis 2016 an der Universität Greifswald, wo er im Jahr 2014 den akademischen Grad des Doctor rerum naturalium erlangte. Von 2016 bis 2021 als Prokurist und Kustos im Müritzeum bringt er nun als Geschäftsführer seine kaufmännischen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse sowie musealen Erfahrungen zur nachhaltigen Entwicklung des Müritzeums ein.

Einblick

Auch in meiner täglichen Arbeit als Geschäftsführer beschäftigt mich das Thema Wasser. Das zwischen Tiefwarensee, Herrensee und Müritz gelegene Müritzeum in Waren (Müritz) ist das Natur-Erlebnis-Zentrum im Binnenland Mecklenburg-Vorpommerns. Wir begrüßen jährlich bis zu 150.000 Besucherinnen und Besucher, die sich in unserer Ausstellung sowie in unserem Rahmenprogramm mit Führungen, Aktionen, Vorträgen und Exkursionen über die Flora, Fauna und Landschaft sowie weiterführende touristische Angebote in der Region informieren.

Tiefenbecken

Ein besonderes Highlight ist das Tiefenbecken. Eine 27 cm starke Acrylglasscheibe gibt den Blick frei auf 105.000 Liter Wasser und ca. 450 Maränen. (Bild: Andreas Duerst/Studio301)

Störe im Mündungsbecken des Flusslaufes

Zwei Gäste bestaunen die Störe im Mündungsbecken des Flusslaufes. Fünf von weltweit 26 Arten finden sich hier. (Bild: Mirko Runge/Müritzeum)

Fauna und Flora

Der Natur so nah: Im Müritzeum entdecken Besucherinnen und Besucher die heimische Fauna und Flora über und unter der Wasseroberfläche. (Bild: Werner Fiedler/Müritzeum)

In unserer deutschlandweit größten Aquarienlandschaft für heimische Süßwasserarten können sie in die Unterwasserwelt der Seenplatte „eintauchen“ und mehr über das Leben in den Gewässern erfahren. Das Thema Wasser ist somit für uns ein wichtiger inhaltlicher Eckpfeiler unseres Bildungsauftrages. In diesem Jahr feiern wir das Jubiläum „40 Jahre Schauaquarium in Waren (Müritz)“, welches wir in einer gleichnamigen Sonderausstellung bis zum 20. November erlebbar machen. Ausstellungsbegleitend gab es unter anderem einen sehr erfolgreichen Aktionstag mit dem Thema „F(r)isch im Wasser“.

Ausblick

Darüber hinaus planen wir in den kommenden Monaten die Errichtung eines Wasserspielplatzes in unserem Museumsgarten. Hierin sehen wir ein umweltpädagogisches Werkzeug zum erfolgreichen Wissenstransfer über das fließende Wasser und seine Wirkung sowie Spiel und Spaß für unsere jüngsten Besucher. Ein weiteres Ziel der kommenden zwei Jahre wird die Modernisierung und Erweiterung unserer Aquarienlandschaft im Haus der 1000 Seen sein. Hier möchten wir neue Akzente setzen, um einen höheren Schauwert und bessere Möglichkeiten für eine nachhaltige Vermittlung von Themen zur Naturkunde sowie zum Arten- und Gewässerschutz zu schaffen. 

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