Zukunft

Nah am Wasser gebaut

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Autorin: Dörte Rahming

Küstenstädte in Gefahr: Durch steigende Pegelstände könnte das Wasser immer öfter über die Kaikanten treten und große Schäden anrichten. Wie zeitgemäße Stadtentwicklung dies verhindern kann, wird in einer der schönsten Hansestädte Deutschlands an der Hochschule in Wismar erforscht.

Am Alten Hafen ist die Vergangenheit noch zu spüren: Viele der Backsteingebäude sind mehr als 100 Jahre alt. In der historischen Altstadt, nur ein paar Schritte weiter, zeugen ganze Straßenzüge von hanseatischer Tradition.

Das alles gerät in Gefahr, wenn die Natur zeitweilig in den Ausnahmezustand wechselt: Immer stärker fegen Stürme über die Ostsee, immer häufiger steigen Hochwasser über die bekannten Pegelstände. „Das wird in den kommenden Jahrzehnten wohl noch intensiver: Erwartet wird ein Anstieg des Meeresspiegels um siebzig Zentimeter oder mehr in den nächsten 100 Jahren“, sagt Prof. Bärbel Koppe, die seit 2020 Wasserbau und Hydromechanik an der Hochschule Wismar lehrt. „Doch schon die Hälfte eines solchen Anstiegs kann bedeutsam sein.“

Prof. Bärbel Koppe steht vor dem Modell einer Wehranlage. Darin werden Wasserkanäle im Hochwasser simuliert.

Mauern mit Potenzial

In der Hansestadt Wismar wird es ab 1 Meter 50 über Normal nass in der Stadt:  Die tief liegenden Gebiete in der historischen Altstadt kennen die Überflutungen bereits – wie zuletzt im Herbst 2023. Sandsäcke verhinderten größere Schäden, viele liegen bis heute an besonders gefährdeten Stellen.

Für jede Küstenstadt müssen eigene Lösungen gefunden werden, sagt Professorin Koppe. In Wismar sei ein Sperrwerk ökologisch und wirtschaftlich ungeeignet. Aber auch hohe Mauern stellten ein Problem dar: „Wir wollen die Stadt nicht gegen die See „abschirmen“. Doch eine höhenmäßige Stufenlösung mit einer Entschärfung der Haupteintrittspunkte des Wassers würde die Hochwassergefahr maßgebend verringern.“. Es müsse so gebaut werden, dass die Mauern in späteren Jahren erhöht werden können. Sehr weit in die Zukunft zu planen – das sei im Wasserbau üblich. „Bauwerke im Hochwasserschutz werden üblicherweise für eine Standzeit von 100 Jahren konstruiert. Wir müssen diesen Zeitraum also jetzt schon mitdenken.“

Ebenso wesentlich direkt an der Küste: der Transport von Sedimenten. „Wir wollen die Strände erhalten. Und wir müssen damit rechnen, dass Steilufer, die derzeit inaktiv sind, vom steigenden Wasserspiegel erreicht und unterspült werden.“ Außerdem müssen die Häfen dem Klimawandel angepasst und deren Zufahrten freigehalten werden, ergänzt die Professorin, die in verschiedenen Fachverbänden und Arbeitsgruppen aktiv ist.

Bauwerke im Hochwasserschutz werden üblicherweise für eine Standzeit von 100 Jahren konstruiert. Wir müssen diesen Zeitraum also jetzt schon mitdenken.

Prof. Bärbel Koppe

Eine Stadt wie ein Schwamm

In einem gemeinsamen Projekt der Hochschule und der Stadt Wismar, das 2023 abgeschlossen wurde, ging es um genau diese Anpassung an den Klimawandel. „Erste Schritte werden jetzt umgesetzt“, sagt Professorin Koppe. „So wird aktuell ein Amt für nachhaltige Stadtentwicklung eingerichtet, das sich unter anderem um die Folgen des Klimawandels kümmern soll.“

Zentral ist das Konzept der Schwammstadt, das auch international immer bedeutsamer wird. „Bisher hat man versucht, Regenwasser möglichst schnell in die Ostsee abzuführen. Aber durch den Klimawandel fehlt in den städtischen Räumen Wasser, zum Beispiel für Bäume. Also ist die Frage, wie man das Regenwasser speichern und nutzen kann. Außerdem hat es einen kühlenden Effekt, wenn es verdunstet.“ Dafür müssten unter anderem versiegelte Flächen wieder aufgebrochen werden. 

Aber durch den Klimawandel fehlt in den städtischen Räumen Wasser, zum Beispiel für Bäume. Also ist die Frage, wie man das Regenwasser speichern und nutzen kann.

Prof. Bärbel Koppe

Beste Bedingungen für Forschung

Außerdem wird an der Hochschule Wismar aktuell ein Forschungsschwerpunkt zur thermischen Nutzung von Oberflächengewässern aufgebaut. „Das bedeutet: Wasser ist oft wärmer als Luft. Und so wie man aus Luft oder Boden Heizwärme gewinnen kann, funktioniert es auch mit Wasser“, erklärt Koppe. Entsprechende Technologien werden in anderen Ländern schon eingesetzt, stehen aber in Deutschland erst am Anfang. Eine Kooperation zu diesem Thema gibt es mit dem polnischen Gdańsk.

Die Forschungsbedingungen in Wismar seien hervorragend, meint die Professorin, die früher unter anderem in Bremen und Rostock tätig war. „Im Vergleich mit anderen Fachhochschulen gibt es wohl keine in Deutschland, die im Laborbereich so gut ausgestattet ist wie wir.“ Dazu komme eine ausgesprochen angenehme Arbeitsatmosphäre. „Dabei macht auch die vergleichsweise geringe Größe der Hochschule etwas aus. Denn hier sind wir Professoren für die Studenten gut erreichbar und können echte Verbindungen aufbauen.“

Im Vergleich mit anderen Fachhochschulen gibt es wohl keine in Deutschland, die im Laborbereich so gut ausgestattet ist wie wir.

Prof. Bärbel Koppe
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